Das Riemann-Thomann-Modell – der Nähe-Mensch  

14. März 2022

Wie ich im letzten Blogbeitrag schon angeschnitten habe, geht es in den kommenden Wochen um das sogenannte Riemann-Thomann-Modell und die in ihm dargestellten vier verschiedenen Grundbestrebungen, die ein jeder Mensch in unterschiedlichen Ausprägungen innehat. Jeweils zwei dieser Grundbestrebungen stehen einander gegenüber und irgendwo auf dieser Skala finden wir unseren Platz. Der sich im Laufe des Lebens auch verändern kann.  

Eine Achse beschreibt die Pole Nähe- und Distanz, also wie gerne und intensiv wir die Nähe zu anderen Menschen schätzen und suchen, oder eben auch nicht. Wie wichtig uns die Distanz ist und wie sehr wir sie brauchen ,um uns autonom und gut zu fühlen. 

Die andere Achse beschreibt die Pole Dauer und Wechsel. Wie sehr schätzen wir Routine und Wiederholungen in unserem Leben oder aber wie sehr brauchen wir Abwechslung und Veränderung. Wir haben alle diese vier Grundbestrebungen inne – allerdings wie oben bereits erwähnt, in unterschiedlichen Ausprägungen. 

In dieser Woche beschreibe ich euch den „Nähe-Menschen“  Was macht ihn eigentlich aus? 

Eine starke Nähe-Orientierung sorgt dafür, dass Menschen kontaktfreudig und ausgleichend sind. Sie sind verständnisvoll und akzeptierend. Im Büro sind sie für Harmonie verantwortlich und halten den Laden sprichwörtlich zusammen. Beispielsweise, in dem sie dafür sorgen, dass auch alle die Geburtstagskarte für Kollegen XY unterschreiben. Nähe-Menschen haben immer einen freien Stuhl an ihrem Schreibtisch, der übrigens auch gerne genutzt wird, denn einem Nähe-Menschen vertraut man.  

Menschen aus dieser „Kategorie“ vermeiden gerne Spannungen und Auseinandersetzungen, weil es ihnen enorm wichtig ist, gemocht zu werden. Sie können außerdem super schwer nein sagen und ihrem Ärger Ausdruck verleihen.  

Kommt es dann doch einmal zu einem Konflikt ist es für einen Nähe-Menschen fast schon überlebensnotwendig, dass es um die Sache geht und nicht etwa um seine Person. Er benötigt immer und zu jeder Zeit das Gefühl gemocht und geschätzt zu werden. Vertrauen baut er nur dann auf, wenn ihm zugehört wird. Auch ist das die Voraussetzung dafür, dass er sich anderen Menschen gegenüber öffnet.  

Er braucht verbalisierte Wertschätzung, ist ein ausgemachter Teamplayer und fragt montags gerne nach dem Wochenende der KollegInnen. Er vergisst auch nicht, dass es der Großmutter der Auszubildenen schlecht geht und erkundigt sich regelmäßig und mit aufrichtigem Interesse nach ihr. Ihr könnt Euch vorstellen, dass ein Nähe-Mensch für anderen Nähe- Menschen der beste Kollege, die beste Kollegin überhaupt ist. Mit ihm/ ihr ist meistens gut Kirschen essen, denn selbstverständlich verbringt man auch die Mittagspausen gemeinsam.  

Was des einen Freud, ist des anderen Leid. Ihr könnt Euch sicher auch denken, dass dieser Typus Mensch für einen Distanzler eine echte Herausforderung ist. Denn diesem graut es am Montagmorgen vor der üblichen Frage nach seinem Wochenende. Grenzt dieser sich dann ab, ist der Nähe-Mensch etwas gekränkt und zerknirscht, denn, wie oben beschrieben, möchte er von jeder und jedem gemocht werden und bezieht nahezu alles erstmal auf sich. Das kann durchaus anstrengend sein. 

Einem Nähe-Menschen nahezukommen ist kein großes Problem. Der Einstieg gelingt schnell und unkompliziert mit ein wenig Small-Talk. Gibt es kritische Gesprächsthemen ist es wichtig zu wissen, dass der Nähe-Mensch die Versicherung braucht, dass es um die Sache und nicht um seine Person geht. Er braucht in der Ansprache mehr als nur Zahlen, Daten, Fakten. Er braucht eine vorsichtige Einführung ins Thema, eine behutsame Auseinandersetzung über die Kritikpunkte und auch das Gefühl, dass sie oder er auch betroffen sein darf. Dass es in Ordnung ist, so zu sein.  

Und er braucht nach ein paar Tagen auf jeden Fall die Nachfrage, wie es ihm/ ihr denn mittlerweile mit dem vergangenen Gespräch geht.  

Sich mit den Grundbestrebungen des Menschen zu beschäftigen finde ich übrigens entscheidend wichtig in jeder Art von Zusammenarbeit. Denn die Hauptursache für Konflikte liegt immer darin, dass Menschen unterschiedliche Bedürfnisse und Werte haben. Mitunter prallen diese aufeinander und es entsteht ein Konflikt- kennt man die Persönlichkeit und die damit verbundenen Werte und Bedürfnisse, kann man sich zum einen besser auf ein Gespräch vorbereiten und zum anderen findet man durch die passende Herangehensweise auch einen besseren Zugang zum Gegenüber. Das alles führt zum gegenseitigen Verständnis und zu einer effektiveren Lösungsfindung.  

In der nächsten Woche schauen wir uns den Distanz-Menschen genauer an und ich erkläre Euch, was ihn ausmacht, was er im Kontakt braucht und welche Herausforderungen er mitunter auch zu meistern hat.  

Habt eine schöne Woche, 

Eure Ulrike  🙂