Mut zur Lücke – Dem Perfektionismus entgegenwirken

30. August 2021

Wir alle wollen gute Arbeit leisten. Manchmal auch sehr gute!😊

In der Regel ist unser berufliches Vorankommen daran gebunden. Unsere Finanzen, die Anerkennung die wir uns erhoffen und das eigene gute Gefühl. Performen wir auf Dauer eher mittelmäßig – wirkt sich das ebenso auf unser gesamtes Leben aus.

Wie bei anderen Tugenden auch, kann unser Bedürfnis, gute Arbeit abliefern zu wollen, aber auch in eine Richtung kippen, die nicht mehr hilfreich ist.

Ich spreche hier vom Perfektionismus. Darunter verstehe ich den unbändigen, kaum einzudämmenden Willen, alles richtig , genau eben perfekt zu machen.

Selbst der eigene stärkste Kritiker zu sein, dauerhaft über die eigene Grenze zu gehen, sich zu verausgaben, nicht delegieren zu können.

Und irgendwann tatsächlich zu glauben, dass es nur diesen einen Weg gibt, dass niemand außer dir selbst, die Arbeit so gut erledigen kann, dass es keine andere Wahl gibt, als es 120% zu machen.

Der Preis, den wir dafür bezahlen, ist hoch.

Wenn die eigenen Ansprüche ins Unermessliche steigen und am Ende auf alles Mögliche im Leben angewendet werden, dann führt dies oft unweigerlich zu einem lähmenden Perfektionismus, der am Ende viele Auswirkungen hat- nur leider keine guten.

Wir können nicht mehr abschalten, sind selten zufrieden mit uns und unserer Leistung. Wir erwarten auch von unseren Kollegen: Innen Höchstleistung. Unsere Mitarbeiter*Innen können sich nicht entwickeln, weil ich sie dazu anrege, es genauso zu machen wie ich es richtig finde. Mein Perfektionismus ist der Benchmark. Die Motivation und mentale Gesundheit aller, auch meine eigene ,stehen dann auf dem Spiel.

Doch was genau braucht es, um den Glaubenssatz „Ich muss immer perfekt sein“ verändern zu können? Sich neu zu entscheiden und den “Mut zur Lücke “ zu entwickeln?

Zunächst klärt einmal die Frage: Woher kommt mein Perfektionismus?

Wurde man als Kind in einer Familie groß, wo Fehler nicht sein durften, so hat man keinen guten Umgang damit gelernt. Dann galt es eben diese zu vermeiden. Hat man als Kind verinnerlicht, dass man nur dann Aufmerksamkeit bekommt, wenn die Aufgabe besonders gut erledigt wurde, dann wird sich das in der Regel auch als Erwachsener nicht von selbst auflösen.

Gab es in der Schule vielleicht Situationen, wo man vor der Klasse bloßgestellt wurde, wenn man die Vokabeln nicht konnte?

Wenn es an einer der Stellen klingelt, darf man sich klar machen, dass die Vergangenheit einen enormen Einfluss auf das Leben eines jeden Erwachsenen hat. Das Schöne: Man ist ihr heute nicht mehr einfach so ausgeliefert. Man darf umdenken, neu denken und versuchen, nicht ganz so verbissen an die Dinge heranzugehen.

Fest steht nämlich, wir Menschen sind Lernende. Ein Leben lang. Und da sind Fehler oft sogar sehr segensreich und fördern unsere Entwicklung.

Ich habe Euch mal drei berühmte Fehler zusammengetragen. Wie gut, dass diese passiert sind.

  1. Der amerikanische Chemiker Charles N. Goodyear versuchte erfolglos Gummi haltbarer zu machen, da es bis dahin weder hitze- noch kälteresistent war. Erst 1839, als ihm ein Stück Kautschuk-Schwefel-Gemisch versehentlich auf eine heiße Herdplatte fiel, hatte er die Vulkanisation und damit den Hartgummi entdeckt!
  2. Percy Spender war ein amerikanischer Ingenieur, der 1945 mit Mikrowellen experimentierte und dabei bemerkte, dass die Schokolade in seiner Hosentasche anfing zu schmelzen. Dies war die Geburtsstunde des Mikrowellenherd, der heutzutage in fast jeder Küche steht.
  3. Eines der berühmtesten Wahrzeichen der Welt, der schiefe Turm von Pisa, ist aufgrund eines Missgeschicks so berühmt geworden. Es wurde 1173 vergessen, dass das Bauwerk auf einem zugeschütteten Kanal errichtet wurde und dadurch in Schieflage geriet.

 

Ihr seht: Nicht alle Bemühungen, den eigenen Perfektionismus zu schmälern, münden in Fehler sondern bringen wieder solche tollen Ergebnisse wie oben beschrieben hervor. Aber mal ehrlich, was ist das Schlimmste, was passieren kann?  

Kritik, ein unzufriedener Kunde, oder vielleicht muss ich es nochmal machen… 

Aber vielmehr passiert auch nicht.  Im Gegenteil: Den eigenen Perfektionismus verringern, ermöglicht oftmals ein schönes Gefühl der Freiheit. Probiert es mal aus! In kleinen Schritten.  

Am Ende bedeutet der „Mut zur Lücke“ nämlich vor allen Dingen:  

  • … mit Ehrlichkeit zu punkten. 
  • … menschlich zu sein.  
  • … zu sich selbst gut zu sein. 
  • … und anderen ein Vorbild zu sein. 

 

Liebe Grüße aus Kaarst

Eure Ulrike